von Kai Blank
Helgoland mit dem SeekajakHelgoland ist Deutschlands einzige echte Hochseeinsel, mitten in der Deutschen Bucht. Siezu erreichen, ist ein Traum vieler Seekajakfahrer, denn weiter raus kann man in Deutschlandnicht. Da ich es gewöhnt bin, meine großen Touren allein zu machen, sollte das auch hier so sein.Dazu müssen die äußeren Bedingungen „stimmen“. Die Tide, also das Hochwasser amAbfahrtsort muss im frühen Vormittag liegen. Es braucht eine stabile Hochdrucklage inMitteleuropa ohne Gewitterneigung oder Seenebel und leichte Winde aus südlichenRichtungen. Für Samstag, 10.9.2016 war Süd 2-3, Hochwasser um 7 Uhr morgensvorhergesagt. Du es lag seit Tagen ein ausgedehntes Hoch über Mitteleuropa. DieseVoraussetzungen sind gefühlt nur alle 3-5 Jahre gegeben, besonders wenn man beruflicheund familiäre Verpflichtungen mit einrechnet.
Drei mögliche Startpunkte kommen in Frage: St. Peter Ording (40 km Entfernung).Cuxhaven (65 km) und die Insel Wangerooge (40 km). Ich habe mich für die Strecke vonCuxhaven entschieden, weil dann der Ebbstrom der Elbe zumindest die ersten 6 Stundender Fahrt mit „schiebt“ und weil ich dann nicht die Berufsschifffahrt aus Elbe, Weser undJade kreuzen muss, wie das beim Startpunkt Wangerooge der Fall wäre. Ich muss nur ganzzu Beginn beim Auslaufen aus dem Fährhafen Cuxhaven das Fahrwasser queren, wasdurchaus zulässig ist, und das bei „Stauwasser“, also wenn noch keine Strömung läuft.Danach bleibe ich die ganze Fahrt auf der „richtigen“, roten oder Backbordseite und kanndort außerhalb des Fahrwassers bleiben, bis zur letzten Fahrwassertonne in der Außenelbe.Das war für mich der eigentlich entscheidende Grund gegen Wangerooge. St. Peter wärebei einer PKW-Anfahrt von Süden sowieso zu weit weg gewesen und bei Südwind auchnicht so günstig.
Morgens um 6 weckt mich das Handy und draußen ist es noch dunkel. Ein Kurzfrühstückunter der geöffneten Kofferraumklappe und dann lade ich das Kajak ab und die Sachen(Zelt, Schlafsack, Kocher, Getränke und Proviant) ein und bringe den Wagen zu einemParkplatz hinterm Deich. Beim Fußweg zurück geht die Sonne dunkelrot hinter der Elbe inDithmarschen auf. Es ist schon warm, trotzdem ziehe ich zunächst Paddeljacke undSchwimmweste an. Start ist um 7:10. Nach der Querung des Fahrwassers folge ich denroten Tonnen, die von der Nummer 32 beginnend bis zur Nummer 2 in jeweils einerSeemeile Abstand wie die Perlen auf der Reihe das Fahrwasser der Elbe markieren. Linkszeigen sich die Kugelbake, die Insel Neuwerk und später Scharhörn. So geht es immerweiter auf die offene See hinaus. Auf meiner rechten Seite ist schon von Beginn an nurWasser zu sehen und von Zeit zu Zeit größere Seezeichen. Meine Navigation bestehtdaraus, die Uhrzeit zu jeder 2. Tonne mit wasserfestem Stift auf der Seekarte zu notieren.Die Strömung nimmt bis auf 1,5 Knoten zu, so dass die Abstände kürzer werden.Die Sonne brennt vom Himmel ich habe längst die Paddeljacke ausgezogen. Ein regerSchiffsverkehr in beide Richtungen lässt es nicht langweilig werden. Ein paar Segler, diemich unter Maschine überholen, grüßen freundlich, genauso wie der erste Seehund. EinPolizeiboot zieht vorbei. Ich denke an Kommentare im Seekajakforum, wo Paddler ihrePapiere vorzeigen mussten und aufgehalten oder zur Umkehr aufgefordert wurden. Aberdiese Küstenwache hat zum Glück ein dringenderes Ziel. Nach der letzten Fahrwassertonne und dem Turm „Z“ um 13:30 schwenke ich nach rechts,Kurs 310 Grad ein. Bin aber noch nicht allein, da auf Außenelbe Reede mindestens 10riesige Frachtschiffe vor Anker liegen. Aber dann lasse ich auch die Reede hinter mir und alsOrientierung bleibt der Kompass sowie die Segler und Fahrgastschiffe, die offenbar auchnach Helgoland wollen. Sonst wird es ganz ruhig und ich bin von Wasser umgeben bis zumHorizont. Eine leichte Dünung zeigt doch den Unterschied zur Elbe an. Und dann endlich taucht der Felsen mit der Nadel (80 m Funkmast) aus dem Dunst auf. Einweißes Haus auf dem Oberland leuchtet in der Sonne. Und immer noch liegen viele StundenFahrt vor mir. Um 16 Uhr ist der kleine rot-weiße Leuchtturm der Düne immer noch vor mirund ich denke, warum kommt diese verd... Insel nicht endlich näher. Klar, das ist die Flut, diesich auch hier draußen bemerkbar macht. Aber dann knirscht der Sand der Düne untermBoot und ich springe raus, endlich nach 9,5 Stunden. Erstmal baden mit den Robben, diegleich zu fünft hinter und neben mir auftauchen. Und dann jubeln, freuen, was immer.Zelten kann ich direkt hinter dem Badestrand auf dem Campingplatz der Düne, demsandigen Vorort von Helgoland, wo abends Life Musik im Dünenrestaurant geboten wird.Und am Sonntag Paddelausflug zur Langen Anna und durch die verschiedenen Häfen. ImInnenhafen liegt das winzige Kajak zwischen all den Segelyachten. Nach dem Rundgangüber das Oberland und dem zollfreien Einkauf ist das Kajak bereits auf die moderne,gasbetriebene „Helgoland“ verladen, mit der ich eine entspannte Rückfahrt nach Cuxhavenantrete.