Rollgroß statt Rollator - Mit einer 12-Meter-Yacht zu dritt über den Atlantik

von Manfred Schlösser

Vorgespräch

„Das mit der Navigation ist eigentlich ganz einfach, man fährt von den Kanaren immer Richtung Süden, bis die Butter anfängt zu schmelzen und biegt dann rechts ab.“ Heiner M.(63), der Schiffseigner und Skipper der zwölf Meter langen Doertita, grinst, als er in die zweifelnden Gesichter seiner Crew schaut. Die Transatlantik-Crew, das sind Hans-Otto T. (65) und ich (58), die es beide noch mal wissen wollen. Ich kenne den Skipper Heiner, der fast 80 000 Seemeilen auf den Meeren hinter sich hat, und dessen ruhige besonnene Art ich schon oft kennenlernen durfte. Dieses Jahr will ich mir endlich meinen Seglertraum erfüllen, ein Mal richtig über den Atlantik, bevor es aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr geht. Und wenn ich so etwas mache, dann nicht an Bord einer Luxusyacht oder eines Kreuzfahrtschiffs, soviel Schneid muss schon sein, denke ich. Die 12 Meter lange Segelyacht Doertita ist mit ausreichend Stehhöhe, Autopilot, Rollreffanlage und Rollgroß perfekt dafür geeignet und altersgerecht für uns alte Säcke. Jedenfalls denke ich, so eine Atlantiküberquerung, das ist was fürs Leben, das nimmt dir keiner weg. Eigentlich ist es absolut irrational, im Postkutschentempo eine Strecke von über 5000 Kilometern zurückzulegen. Ich bekomme fast schon einen Anfall, wenn ich mit dem Auto zwanzig Minuten im Stau stehen oder im Supermarkt an der Kasse warten muss. Das wird hart werden für mich, denke ich. Wir haben noch nicht mal die Möglichkeit, die Fahrt zu unterbrechen und auszusteigen, denn Inseln gibt es zwischendurch nicht, wie ich mehreren Freunden versichern musste. Es wird für mich eine mehrwöchige Übung in Geduld, Rücksichtnahme und Gelassenheit werden, ohne Zeitung, Fernsehen, Internet, E-Mail, Facebook und den anderen digitalen oder analogen Errungenschaften. Heiner unterbricht meine Gedanken. „Spaß beiseite, euch beiden muss klar sein, dass wir im Notfall auf uns allein angewiesen sind. Krankenhäuser und Ärzte sind sehr weit weg. Und nehmt euch nicht zu viel Klamotten mit. Ölzeug und Gummistiefel könnt ihr zuhause lassen. Es wird heiß werden.“ Das können wir uns wiederum Ende Oktober bei unserer Vorbesprechung in einer norddeutschen Kneipe nicht so richtig vorstellen, doch die Route heißt nicht umsonst Barfuß-Route und heiß wurde es dann auch. „Jungs, das ist jetzt meine dritte Tour von Ost nach West über den Atlantik. Je weiter man von den Kanaren nach Süden fährt, desto beständiger weht der Nordost-Passat. Am Äquator steigen Luftmassen auf, der Wind strömt nach und wird dabei durch die Erdrotation abgelenkt. Auf der Nordhalbkugel weht der NordOst-Passat, im Süden der Süd-Ost- Passat. Der Nordatlantische Äquatorialstrom schiebt uns voran. Wir werden die meiste Zeit Wind von achtern haben, also werden wir mit zwei Vorsegeln auskommen“, erklärt uns Heiner den Törn.

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